
Miroloi von Karen Köhler
gelesen und gehört dank Netgalley und Nextory
Belletristik, auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2019
Miroloi ist der Totengesang mit dem das Leben der Verstorbenen auf der fiktiven "Schönen Insel" besungen wird. Sängerin ist eine junge Frau, die als Findelkind vom Pfarrer (Bethaus-Vater) aufgenommen wurde und in der beklemmenden Atmosphäre einer streng regulierten Gesellschaft aufwuchs.
Da niemand ihr Geburtsdatum kennt, darf das Mädchen keinen Namen tragen, weil die Abstammung unklar ist, ist sie völlig rechtlos, darf außer ihrer Kleidung nichts besitzen und wird von fast allen Bewohnern ihrer Heimat beleidigt, ausgegrenzt, angegriffen und unterdrückt. Die Rechtlosigkeit betrifft, wenn auch im geringeren Maß alle Frauen, die den Männern uneingeschränkt gehorchen müssen, in der Schule nur Regeln und die Arbeit auf Haus und Hof lernen dürfen, niemals aber Lesen und Schreiben.
Hätte ich das Buch ganz gelesen, hätte ich eine schlechtere Bewertung abgegeben, als diese, doch ich bin, wegen des Schreibstils von Litanei und Aufzählung, voll Wiederholung und langweiliger Passagen auf das Hörbuch umgestiegen.
Gesprochen entwickelt die Geschichte bedeutend mehr Wortgewalt und reißt stärker mit. Gedruckt hätte ich Aufzählungen oft einfach überblättert, gesprochen entwickeln sie eine Dynamik, die die Geschichte vorantreibt.
Erzählt wird die Geschichte von Unterdrückung, Gewalt, Eineingung und Freiheit in einer zeitlosen und geographiefreien Situation. Es gibt Fernseher und Waschmaschinen, doch nicht auf der Insel, es gibt sicher auch Nachrichten, doch hier gibt es nur die Regeln der Ältesten, vorsortierte Klatsch-Nachrichten, das Verbot die Insel zu verlassen und die Unmöglichkeit den Außenseiterstatus zu verlieren.
Wenn man sich auf die Geschichte einlässt, hat sie eine eigenwillige Dynamik und berührt gerade in ihrer Grausamkeit.