
William Melvin Kelley Ein anderer Takt
Ersterscheinung 1962
Erscheinungsdatum dieser Ausgabe 04.09.2019
Genre: Fiction, Belletristik
Vorab, der Autor hat dieses Buch 1962 veröffentlicht, d.h. der Schreibstil ist behäbiger und gesetzter, als den den heutigen Lesegewohnheiten entspricht. Zusätzlich enthält das Buch beide Versionen des heute verpönten N...-Wortes.
Kelley ist ein Farbiger, der viel und eng mit Weißen zusammengelebt hat. In seinem Buch beschreibt er, wie in einem fiktiver amerikanischen Bundesstaat alle Farbigen gehen und den Staat verlassen. Seine Ich-Erzähler sind die Weißen, die das Geschehen sehen und weder verstehen noch glauben können. Farbige kommen in diesem Buch ausschließlich indirekt zu Wort. Das Buch vertieft daher nicht die Ursache des Verschwindens, sondern ausschließlich die Interpretationen, persönlichen Eindrücke und Erfahrungen der zweitrangig betroffenen Weißen.
Das Buch wird von einem Vorwort zur literarischen Einordnung Kelleys und ein Nachwort aus seiner Familie begleitet. Obwohl er viele Bücher geschrieben hat und sein Leben lang literarisch gearbeitet hat, ist Kelley durch seine Leseschwäche ein Wenigleser gewesen, was seinen Schreibstil ungekünstelt und direkt, dabei stellenweise etwas schwerfällig zu lesen macht. Gerade das macht für mich in dieser Geschichte ein Gutteil des Reizes aus, denn die langsame Erzählweise zieht nur um so tiefer in die Geschichte hinein. Keiner der Handelnden würde sich selbst als einen Rassisten verstehen, so mancher sieht sich eher als allgemeinen Menschenfreund, doch gerade kleine Gedanken und hingestreute Nebensätze entlarven das Ungedachte.
Für mich entfaltet dieses kleine Buch eine ungeahnte Intensität und führt auch dazu mich selbst zu hinterfragen.
Leider habe ich danach festgestellt, dass kein einziger Titel von Kelley aktuell verfügbar ist. Ich wünsche diesem Buch viel Erfolg und hoffe mehr seiner Bücher entdecken zu dürfen.