
Timur Vernes, Die Hungrigen und die Satten
Erscheinungsdatum: 27.08.2018, gelesen im September 2018 als ebook (Kindle) dank Netgalley
Genre: Politische Satire
Dieses Buch hat alles, was vorstellbar ist.
Die TV-Moderatorin in der Reality Show, die mehr Wert auf ihr Aussehen als auf die Inhalte legt, den Flüchtling, der weiß, wie er sich verkaufen muss, um das Beste für sich und seine Lieben herauszuholen, so sehr, dass er nicht mal mehr einen eigenen Namen hat. Der CSU-Politiker, der nach Lösungen sucht, der schwule Staatssekretär, der den Balanceakt zwischen seinem Beziehungs- und Liebesleben und seiner Karriere erfolgreich verfehlt.
Wir leben in Deutschland, einen Regierungschef nachdem der Merkel noch eine Frau war, Europa hat die Außengrenzen geschlossen und die Einreise von Flüchtlingen zu nahezu 100% unterbunden. Die Außengrenze liegt in Afrika und davor ein Lager, dessen Größe und Struktur unvorstellbar ist. Dorthin reist die TV-Moderatorin, aka sprechende Kleiderstange, Nadeche Hackenbusch, um eine Sendungsreihe aus dem Flüchtlingslager zu produzieren. Vor Ort werden Darsteller und Helfer gecastet, Resourcen und Inhaltliches wird mithilfe der "Lagermafia" angeboten und nach kurzer Zeit merken die Flüchtlinge, dass ihr "Engel im Elend" sie nicht erlösen, sondern bald wieder verlassen wird. Der Flüchtling, von der Fernsehcrew Lionel getauft, schlägt einen gigantischen Flüchtlingszug nach Deutschland vor. 150.000 Menschen beginnen den Weg zu Fuß, der Fernsehsender kümmert sich um Berichterstattung und die Lösung einiger Problemchen am Weg.
Das Faszinierende an diesem Buch ist für mich die Detailverliebtheit des Autoren. Wenn genaustens die Frage der Logistik der Wasserversorgung und der Scheißeentsorgung auf den 50km, die Flüchtlingszug sich durch die Gegend zieht, betrachtet wird, dann beginnt es mich als Leser schon mal zu gruseln. Schlimmer wird Entwicklung und Fortgang je näher sich alles Deutschland nähert.
Das Problem ist auch nicht, die eigentlich zu bewältigende Zahl der 150.000 - das Problem entsteht durch das Aufzeigen der Möglichkeit, in der Zukunftsperspektive und wie immer in den Köpfen der Menschen.
Dieses Buch ist in weiten Strecken witzig und amüsant, dann wieder bitterböse und immer so dicht an der Wirklichkeit dran, dass Analogien ins Auge fallen.
Das Ende des Flüchtlingszuges war schmerzhaft auch beim Lesen.
Einige Personen waren so überzeichnet, dass man hofft sie nie, nie, nie in der Realität zu sehen, weder persönlich noch auf dem Bildschirm, andere wären eine wohltuende Alternative zur heutigen Realität (der CSU-Innenminister). Das Buch bietet eine reichhaltige Vielfalt an Personen, Klischees und Typen. Es bietet Unterhaltung vom untersten Niveau an (Schminky). Es spielt mit Ängsten, Hoffnungen und Versuchungen der Menschen.
Es ist nicht ernst gemeint, aber durchaus ernst und es lohnt sich!
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