· 

Rezension Der englische Botaniker

Rezension Nicole C. Vosseler, Der englische Botaniker, Erscheinungsdatum 08.04.2017

Gelesen dank Netgalley als ebook (kindle) im März 2018

Genre: Historischer Roman

Der Vor- oder auch Nachteil eines Ereaders ist, dass man sich Bücher aussucht, hochlädt und dann anhand Titel oder Cover entscheidet, in welcher Reihenfolge man sie liest. Zusammenfassung/Klappentext usw. sind weniger präsent als bei gedruckten Büchern und nur aufgrund des Titels und des Covers verspürte ich eher weniger Lust dieses Buch als erstes anzufangen.

Doch die Geschichte entpuppte sich als wesentlich mitreißender und packender, wesentlich stimmiger für mich, als der naturkundliche erste Eindruck versprach.

Seit ich mich erinnere bin ich ein großer China-Fan, sowohl auf der Ebene der Unterhaltungslektüre, als auch geschichtlich und aktuell. Botanik hingegen ist ein Gebiet, dem ich eher sehr lose verbunden bin. Ich befinde mich auf der Stufe: Kann Bäume von Blumen unterscheiden.

Die Geschichte eines englischen Botanikers, der zu Wissenschaftszwecken ins alte China reist und dort den Geheimnissen der Pflanzen, insbesondere des Tees auf die Spur kommen soll, ist für mich daher auf den ersten Blick nicht in allen Dimensionen interessant.

Dennoch oder gerade deshalb hat mich dieses Buch in seinen Bann geschlagen. Es ist eine Erzählung aus im Wesentlichen 3 Perspektiven. Robert Fortune, der verschrobene warmherzige Botaniker, der den Geheimnissen der chinesischen Pflanzenwelt und der chinesischen Kultur auf seine eigene Art näher kommt. Lian, chinesische Schwertkämpferin und freie Frau der Straße, deren Schicksal sich auf besondere Weise mit dem fremden Teufel verbindet und wieder löst.

Zuletzt Roberts Frau, mit zwei Kindern in England zurückgeblieben, sucht und findet ihren eigenen Platz innerhalb der englischen Gesellschaft in Abwesenheit und in Erwartung der Rückkehr ihres Mannes.

Alle Personen wirken in sich stimmig, passen in die eigene Zeit und Kultur und entwickeln sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Verhaltensweisen sind gut nachvollziehbar und entziehen sich gleichzeitig jeder Wertung. Die Erfahrungen in China, historische Zusammenhänge, Stimmungen und Entwicklungen gestalten sich nachvollziehbar ohne sie zu sehr in die Denkweise des Westens zu übertragen oder zu exotisch zu überhöhen.

Details der Botanik fließen reichlich, aber nicht übermäßig in die Geschichte ein und obwohl die Geschichte rund und abgeschlossen ist, hätte sie gerne noch länger sein dürfen.

Ich habe es genossen die Geschichte zu lesen, die historische Einordnung der Person Robert Fortunes wird im Nachwort gut präzisiert. Die Konflikte im Umfeld des Teeanbaus und ihre Konsequenzen für China und Großbritannien werden angerissen und konturieren den Spannungsbogen.

Das Buch ist liebevoll gestaltet, auch im ebook sind die verschiedenen Erzählstimmen optisch voneinander abgegrenzt.

Zitate aus dem Reisetagebuch und Informationen zu einzelnen Pflanzen rahmen die Geschichte ein.

Ein rundum gelungenes Lesevergnügen.

#DerenglischeBotaniker #Netgalley.de