
Cecile Barton, Die Königin des Himmelreichs Erscheinungstermin 09.01.2018
gelesen im März 2018 als ebook (Kindle) dank Netgalley
Genre: Historischer Roman, Kreuzritter
Das Buch hat mir sehr gut gefallen, denn obwohl es in einer sehr kriegerischen Zeit und Gegend spielt, setzt es stärker auf Personenentwicklungen und Hintergründe als auf taktische Auseinandersetzungen.
Melisende die Königin von Jerusalem ist eine starke und intelligente Frau, eine historische Figur, deren Hintergründe und Ursachen für die untypische Entwicklung einer Frauengestalt im 12. Jahrhundert deutlich erklärt. Eine Frau als Königin in Jerusalem, eine Christin, die die Einigung ihres Reiches und den Gewinn für ihre Untertanen höher setzt als kleinliche Streitereien um Glaubensgrundsätze. Eine Frau, die ehrlich Christin ist und gerade deshalb ehrlich und geradeheraus mit dem Glauben der Juden und Muslime umgehen kann, ist nicht nur damals, sondern auch heute noch eine ungewöhnliche Frauengestalt.
Ihre Erziehung, die Denkweise des Vaters und ihre Erfahrungen machen diese Entwicklung plausibel und ihre Geschichte mit den Assassinen, speziell einem besonderen Mann dieser sagenumwobenen Gruppe, würzt das Geschehen mit einem Hauch Romantik.
Liebesgeschichte, ebenso wie politische Heirat wirken nicht aufgesetzt, sondern verweben sich im Hintergrund zu weiteren Facetten ihrer Persönlichkeit.
Die Geschichte spielt in zwei Zeitebenen, die in verschiedenen Kapiteln ablaufen. Es beginnt mit der Konstellation einer entscheidenden Schlacht zwischen Melisende, der Königin, und ihrem Sohn. Danach folgen Abschnitte der Vorgeschichte dazu, die sich chronologisch ab Melisendes achtem Lebensjahr entwickeln. Jeder Abschnitt des Buches beginnt mit einem Zwischentitel, dem passende Texte aus Koran und Bibel zugeordnet sind. Diese unterstreichen gut Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Denkweise beider großer Religionen.
Der Schreibstil hat bei mir ein wenig Zeit gebraucht, bis ich mich richtig fallengelassen habe, die Zeitangabe am jeweiligen Kapitelanfang habe ich recht schnell bewußt überlesen, weil ich immer wieder die entsprechenden Zeitstrukturen (frühe Melisande, späte Melisande) durcheinandergeworfen habe. Das war kein Problem, aus den Kapiteln erschloss sich alles schnell.
Als ebook-Leser betrachte ich das Cover erst jetzt aufmerksam, es ist stimmig aber eher langweilig. Wer sich mit den Themen auskennt, erkennt die "Skyline" des alten Jerusalem, den Assasinendolch und die grafische Anspielung auf Christentum (zwischen den Teilen des Autorinnennamens) und Islam (Schmuckdekor um den Titel). Das Krönchen statt der Ö-Punkte/Striche ist dann noch die letzte grafische Spielerei.
Die Liebesgeschichte war für mich perfekt dosiert, die Gefühle waren eindeutig, die Begegnungen stimmig, aber die Liebe wurde nicht über die anderen Aspekte des Buches künstlich in den Vordergrund geschoben.
Alle wichtigen Personen werden gut langsam entwickelt, Beweggründe und Leidenschaften entwickeln sich und die Autorin überlässt dem Leser das Urteil, was an einer Person gefällt oder abstößt.
Für Menschen, die sich für historische Romane begeistern, die logische Personenentwicklung ansprechender finden als aufgesetzte Liebesgeschichten, für Leser mit Interesse an der Kreuzfahrerzeit ohne diese zu parteiisch zu betrachten ist dies Buch uneingeschränkt empfehlenswert.
#DieKöniginDesHimmelreichs #NetGalleyDE